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Bramanns Beitrag

Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK

Sankt Augustin, 13. Februar 2020 „Drama Baby!“ Es scheint: Wir Deutsche mögen es gerne bewegend und immer auch etwas überspannt; und halbe Sachen machen wir schon gar nicht. Galt es eben noch, das Weltklima zu retten, retten wir jetzt die Demokratie – vor allem dort, wo sie faktisch gar nicht bedroht ist. Voller Inbrunst erklären wir zudem Amerikanern, Briten, Franzosen, Italienern und anderen, wie sich zu verhalten, vor allem wie sie zu wählen haben, damit unser eigenes Weltbild nicht ins Wanken gerät. Denn wir sind die Guten im bösen Spiel. Moralischer Rigorismus bestimmt die Richtlinien unserer Politik.

Jeden Morgen springt er uns entgegen aus den Kommentarspalten der Zeitungen. Jeden Abend flimmert er über die Bildschirme der Nachrichtensendungen: der Zeitgeist der verordneten Meinung. Wir erleben eine inszenierte Wirklichkeit, aufgeführt als großes Drama, begeistert gefeiert von den medialen Claqueuren in der ersten Reihe und ein paar Exzentrikern links wie rechts im Hochparterre.

Mir aber kommen längst Zweifel, ob diese Art der öffentlichen Aufführung unserer Politik das gemeine Publikum noch erreicht. Ich habe vielmehr den Eindruck, hier wird „das Haus leer gespielt“, wie es im Theaterjargon heißt. Die Menschen wenden sich ab von dem chaotischen Durcheinander, den schrillen Beschimpfungen, den immer gleichen Zuschauerbelehrungen. Sie kehren der Bühne den Rücken.

Und genau hier beginnt das wirkliche Drama. Denn unsere so verantwortungslos wie überzogen als „bedroht“ deklarierte Demokratie braucht die Nähe ihrer Bürgerinnen und Bürger zu den politischen Parteien. Nur sind diese längst abgerückt von ihren Wählern. Was die einstige Volkspartei SPD schon seit langem praktiziert, muten uns jetzt mit CDU und FDP auch die einst so verlässlichen Vertreter der bürgerlichen Mitte zu. Sie beschäftigen sich nur noch mit sich selbst.

Der Kitt unserer Gesellschaft ist aber der Konsens einer breiten Mehrheit in der Bevölkerung über deren Werte und Ziele. Diesen Konsens müssen unsere Parteien immer wieder neu beleben; und sie müssen ihn selber leben! Ausgrenzung, Intoleranz, stillschweigende Duldung von Gewalt, wenn sie denn nur die „Richtigen“ trifft, sind hierfür die untauglichsten Instrumente.

Die politische Mitte trägt die Verantwortung dafür, dass unsere Gesellschaft den inneren Zusammenhalt behält. Diese Last der Verantwortung mag in den letzten Jahren schwerer geworden sein. Das darf aber nicht die Erklärung dafür sein, jetzt gänzlich darauf zu verzichten, Probleme nüchtern, sachlich und zielgerichtet zu lösen. Dazu brauchen Politiker die Fähigkeit zu Kompromissen. Diese Kompromisse bewahren uns den individuellen Freiraum, den sich jeder wirkliche Demokrat für sein Gemeinwesen wünscht.

Es wird Zeit, dass unsere Parteien sich wieder uns Bürgerinnen und Bürgern zuwenden. Es wird Zeit, dass sie Probleme mit einem gesunden Pragmatismus angehen. Es wird Zeit, dass sie sich der Wirklichkeit so stellen, wie sie die große Mehrheit ihrer Wähler Tag für Tag erlebt – der realen nicht der inszenierten Wirklichkeit.

Helmut Bramann ist Hauptgeschäftsführer des ZVSHK

Portrait zum Download https://www.zvshk.de/bilderhauptamt/